Von Michael Kunath

– Wo und wie leben sie?

Am 18. August fand im SPD-Bürgerbüro „Rote Pfote“ das 3. AWO Sommergespräch zum Thema „Geflüchtete in Dresden“ statt. Inhalt war Bilanz und Ausblick anderthalb Jahre nach Beginn des starken Anstiegs der Zahl Asylsuchender.
Ilko Keßler vom AWO-Landesverband Sachsen und Albrecht von der Lieth, Leiter eines AWO-Übergangswohnheimes berichteten von ihrer Arbeit, dem alltäglichen bürokratischen Aufwand und zum Teil noch sehr eigenwilligen Gesetzen, die gerade minderjährigen Flüchtlingen nicht die notwendige Kontinuität in der Betreuung zugestehen. Sie beschrieben wie aus anfänglicher Überforderung tragfähige Strukturen erwuchsen, keineswegs in allen Details perfekt, aber funktionierend. Ministerin für Integration Petra Köpping (SPD) berichtete ebenso von der innerhalb relativ kurzer Zeit geschaffener Infrastruktur. Mitte 2015 gab es in Sachsen ein Aufnahmelager, am Ende des Jahres über 40.
Von auf den Weg gebrachten Gesetzen, zusätzlichen Koordinatoren, bereitgestellten Mitteln und auch von der dringenden Notwendigkeit eines Zuwanderungsgesetzes auf Bundesebene. Dass sich die Wahrnehmung einer abnehmenden Feindseligkeit in Sachsen den Migranten gegenüber in der Realität nicht als richtig erwiesen hat, wurde durch ein sehr eindringliches und emotionales Statement einer Sozialarbeiterin und ehrenamtlichen Helferin aus Heidenau klar, die von täglich erfahrener Ablehnung, die teilweise in Gesten, Reaktionen und Ignoranz sichtbar wird, aber für viele Migranten schwer erträglich ist. Dazu kommen leider auch körperliche Angriffe und Auseinandersetzungen. Ebenso gebe es im Bezug auf die personelle Besserstellung der Einrichtungen noch eine Menge zu tun. In Heidenau arbeiten die Mitarbeiter am Rande der körperlichen und seelischen Erschöpfung, andere Einrichtungen wiederum seien kaum ausgelastet. Thematisiert wurde auch die Notwendigkeit einer gesamtgesellschaftlichen Integrationsarbeit, damit die Gräben in nicht tiefer werden und Menschen wieder ins Gespräch miteinander kommen und nicht nur Meinungen und Parolen austauschen ohne wirklich zuhören oder verstehen zu wollen. Das fängt mit einer entsprechenden Bildungskultur bereits in unseren Schulen an.

Nach 68.000 Asylsuchenden im Vorjahr sind in diesem Jahr rund 12.000 in Sachsen eingetroffen. Insgesamt sind davon gegenwärtig noch etwas mehr als 42.000 in Sachsen, in Dresden rund 5.000, davon 60% dezentral in Wohnungen untergebracht.
Eine Zahl die, so der Tenor, durchaus zu bewältigen ist und uns alle keineswegs vor eine unlösbare Aufgabe stellt.

– Integration von Asylsuchenden

In der zweiten Gesprächsrunde am 08.09.2016 diskutierten die Gäste In Am Sayad Mahmood (Vorstandsvorsitzende des Ausländerrates Dresden e.V.), Harald Baumann-Hasske (SPD), Werner Wendel (Referent Gleichstellung im Sächsischen Staatsministerium für Soziales) und Ilko Keßler (Asylbeauftragter der AWO) mit einem sehr engagierten Publikum über gegenwärtige Probleme und Chancen der Integration.
Beispiele gelungener Integration in bevölkerungsschwachen Gebieten, die dazu führten das durch den Bevölkerungszuwachs unter anderem Schulen wegen zu geringer Kinderzahl nicht geschlossen werden mußten, wurden thematisiert. Aber eben auch problematische Unterbringungen mehrerer Familien aus unterschiedlichen Kulturkreisen auf engstem Raum in Ballungsgebieten, die von vornherein konfliktträchtig sind. Hier ist die Sensibilität der Behörden inzwischen durchaus gewachsen. Großen Raum nahm auch die Problematik Arbeit, Ausbildung, Sprachkurse ein. Hier gilt es nach wie vor Strukturen zu schaffen und zu festigen, um den Migranten mit Aufenthaltsstatus einen möglichst reibungslosen und schnellen einstieg zu ermöglichen.

Aus meiner Sicht zwei sehr interessante Veranstaltung. Dass es ein Informationsbedürfnis zum Thema gibt, wurde deutlich, denn die „Rote Pfote“ platzte aus allen Nähten.
Dieses Informationsbedürfnis gilt es von Seiten der Politik stärker nachzukommen, denn nur dadurch wird Gerüchten und Vorurteilen am besten begegnet.
Wir, die wir uns in irgend einer Form politisch engagieren, sind hier alle gefordert.

Danke an Harald Baumann-Haske, sein Team des Bürgerbüros und allen Beteiligten für für diese beiden informativen Abende.